Rate des Herkunftslandes und der aktuelle sozioökonomische Status beeinflussen stark
Männer suizidieren sich etwa dreimal häufiger als Frauen in westlichen Industriestaaten. Zugleich haben Deutsche im Vergleich zu hier lebenden Migranten ein deutlich höheres Risiko. Zu dem Schluss kommen Forscher der Leipziger Universitätsmedizin http://uniklinikum-leipzig.de . Auch wird das Suizidrisiko unter den größten Migrantengruppen in Deutschland von der Suizidrate des Herkunftslandes und dem aktuellen sozioökonomischen Status beeinflusst. Details wurden in „Journal of Affective Disorders“ publiziert.
Zeitraum 2000 bis 2017 untersucht

Die Wissenschaftler haben für ihre Studie die Suizidraten von 2000 bis 2017 von Deutschen und Migranten aus der Türkei, Italien, Polen, Griechenland, der Ukraine, der Russischen Föderation, Rumänien, der Niederlande und Spanien miteinander verglichen. Die Zahlen stammen von den Forschungsdatenzentren der statistischen Landesämter. Im Untersuchungszeitraum nahmen sich rund 200.000 Menschen in Deutschland das Leben, davon entfielen rund 9.000 Suizide auf Migranten. Bezogen auf die Bevölkerungsanteile waren die Suizidraten unter Deutschen rund doppelt so hoch wie unter Ausländern.
„Man geht davon aus, dass sich die psychisch und körperlich gesunden [Migranten] eher der Aufgabe stellen, in ein neues Land zu gehen und dort einen Neustart zu wagen“, erklärt Experte Daniel Radeloff. Das Suizidrisiko unterschied sich laut dem Fachmann stark zwischen den einzelnen Migrantengruppen. So waren beispielsweise Migranten russischer Nationalität im Vergleich zu Griechen einem 3,7-fach erhöhten Suizidrisiko ausgesetzt. Weil die Suizidraten unter Migranten mit den Suizidraten der Herkunftsländer korrelierten, folgern die Wissenschaftler daraus, dass einzelne Risiko- und protektive Faktoren des Herkunftslandes auch nach der Migration wirksam bleiben.
Alter spielt eine entscheidende Rolle
Innerhalb der Gesamtbevölkerung der Migranten war die altersbezogene Suizidrate am höchsten in der Gruppe der Heranwachsenden und nahm mit zunehmendem Alter kontinuierlich ab. Neben Alter und Geschlecht haben die Forscher auch Klimadaten mit einbezogen. Sie fanden eine starke Korrelation zwischen den Suizidraten und dem Klima des Herkunftslandes. Zwar wechselten die klimatischen Bedingungen für die meisten Migranten mit ihrer Einreise nach Deutschland, der Zusammenhang mit dem Klima des Herkunftslandes blieb aber bestehen. „Klimatische Bedingungen haben möglicherweise einen indirekten Einfluss auf das Suizidrisiko, indem sie genetische oder umweltbedingte Risiko- und Resilienzfaktoren langfristig beeinflussen“, so Radeloff.