Diskriminierung im Unterricht«Schulbücher sind im Kern rassistisch»

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Rassismus ist in Schweizer Schulbüchern eine Realität. Zu diesem Schluss kommt eine Analyse, die SonntagsBlick vorliegt.

Im Rahmen einer Analyse decken zwei Bildungs-Expertinnen auf, wie präsent Rassismus in Schweizer Schulbüchern ist. Und bieten Hand für Lösungen. Im Rahmen einer Analyse decken zwei Bildungs-Expertinnen auf, wie präsent Rassismus in Schweizer Schulbüchern ist. Und bieten Hand für Lösungen.

Die Anti-Rassismus-Fachfrauen und Expertinnen im Bereich Bildung Rahel El-Maawi (43) und Mandy Abou Shoak (31) haben neun Deutsch- und Geschichts­bücher untersucht, die aktuell in Deutschschweizer Schulen auf der Mittel- und Oberstufe genutzt werden. Darunter «Welt der Wörter 1» oder «Durch Geschichte zur Gegenwart, Band 2».

Das Ergebnis ihrer Untersuchung: Verstörend, sagen El-Maawi und Abou Shoak. «Wir haben kein einziges Lehr- oder Lernmittel gefunden, dass wir ohne Zweifel empfehlen können.»

Die Bücher sind von Männern geschrieben

Die allermeisten Inhalte stammen aus den Federn von Männern. Männer werden zudem überdurchschnittlich oft abgebildet. Frauen und insbesondere nicht weisse Menschen sind sowohl als Auto­rinnen als auch als Protagonisten mit ihren unterschiedlichen Lebensrealitäten kaum vertreten.

Noch schlimmer: «Die Schulbücher sind in ihrem Kern rassistisch.» In den Büchern, so schreiben die Autorinnen in ihrer Analyse, werden rassistische Vorurteile und Hierarchisierungen zwischen Menschen weiter gelehrt und reproduziert.

So werden zum Beispiel nicht weisse Menschen mit rassistischen Begriffen bezeichnet oder als unterlegen dargestellt. Zudem wird die Kolonialzeit Europas verherrlicht und damit eine rassistische Weltsicht transportiert – etwa indem vermeintlichen Abenteurern gehuldigt wird, «ohne mit einem Wort auf die ausbeuterische koloniale Vergangenheit einzugehen».

Solche Inhalte seien für alle ­Kinder und Jugendlichen proble­matisch – insbesondere aber für nicht weisse. «Sie erfahren damit eine konstante Abwertung ihres Selbstwerts», sagt Abou Shoak. Das sei entwürdigend und könne erwiesenermassen zu Schmerzsymp­tomen, Erschöpfungszuständen bis hin zu Depressionen führen.

Material verstösst gegen Uno-Kinderrechtskonvention

«Uns stellt sich die Frage, wie die betroffenen Kinder den analysierten Lehr- und Lernmitteln Vertrauen entgegenbringen können, wenn diese so gewaltvoll, einseitig und unkritisch mit Geschichte umgehen», so El-Maawi.

Zudem sei die ständige Wiederholung von rassistischen Stereo­typen im Klassenzimmer mit ein Auslöser für Diskriminierungserfahrungen im Alltag: «Diese zeigen sich dann in abwertenden Sprüchen, Ausgrenzungen oder gar Gewalt.» Für die Frauen ist klar: Die untersuchten Unterrichts­materialien verstossen gegen die Uno-Kinderrechtskonvention, die die Schweiz mitunterzeichnet hat. Denn: «Diese schreibt einen diskriminierungsfreien Zugang zu ­Bildung vor.»

Die Analyse

THOMAS MEIER

Die drei Broschüren «Einblick: Rassismus in Lehrmitteln» werden mithilfe von finanzieller Unterstützung der Fachstelle gegen Rassismusbekämpfung sowie des Integrationskredits der Stadt Zürich gratis zur Verfügung gestellt. Interessierte Schülerinnen, Schüler, Eltern sowie Lehrpersonen können sie hier oder hier als PDF herunterladen.

Blick: Nun haben Abou Shoak und El-Maawi drei Broschüren erarbeitet, in denen sie die problematischen Buchinhalte thematisieren.

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