Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 26. August 2020 die Botschaft zu verschiedenen Gesetzesänderungen im Ausländer- und Integrationsgesetz verabschiedet. Für vorläufig Aufgenommene soll – analog zu anerkannten Flüchtlingen – ein Verbot für Reisen in deren Heimatland gelten. Gesetzlich geregelt werden auch Reisen in andere Länder. Zugleich will der Bundesrat vorläufig aufgenommenen Personen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern, damit sie rasch auf eigenen Füssen stehen können.
Die vom Bundesrat in seiner Sitzung vom 26. August 2020 verabschiedete Botschaft zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes sieht vor, dass vorläufig aufgenommene Personen künftig den Kanton wechseln können, wenn sie im neuen Kanton eine Stelle haben oder eine längere berufliche Ausbildung absolvieren und keine Sozialhilfe beziehen. Der Bundesrat setzt damit die Motion 18.3002 der Staatspolitischen Kommission des Ständerats um. Diese beauftragte den Bundesrat, den Status der vorläufigen Aufnahme punktuell anzupassen, insbesondere um die Hürden zur Integration in den Arbeitsmarkt abzubauen.
Gestützt auf dieselbe Motion hat der Bundesrat auch eine Änderung der Bezeichnung «vorläufige Aufnahme» geprüft. Nach einer umfassenden Prüfung kam er jedoch zum Schluss, dass an der bisherigen Bezeichnung festgehalten werden soll. Diese Bezeichnung gibt die Rechtsstellung dieser Personen korrekt und verständlich wieder und sie hat sich im Asylbereich etabliert.
Reiseverbot auch für Drittstaaten
Mit der Vorlage setzt der Bundesrat zudem die Motion 15.3953 von Nationalrat Gerhard Pfister um. Die Motion verlangt, dass analog zu den Flüchtlingen auch für vorläufig aufgenommene Personen Reisen in deren Heimat- und Herkunftsstaaten generell untersagt sind und ihre vorläufige Aufnahme bei einer unerlaubten Heimatreise grundsätzlich automatisch erlischt. Eine Ausnahme vom Verbot soll nur möglich sein, wenn eine Reise zur Vorbereitung der selbstständigen, definitiven Ausreise und Rückkehr in die Heimat notwendig ist.
Darüber hinaus nutzt der Bundesrat die Gelegenheit, um auch bei Reisen in Drittstaaten rechtliche Klarheit und Transparenz zu schaffen. Bereits heute müssen vorläufig Aufgenommene nicht nur für Heimatreisen, sondern für alle Auslandreisen eine Bewilligung einholen. Neu wird nun ein Verbot auch für Reisen in andere Länder als den Heimatstaat im Gesetz verankert, von dem Ausnahmen gestützt auf die heutige restriktive Bewilligungspraxis gelten sollen. Konkret sollen Reisen beim Tod oder bei einer Krankheit eines Familienangehörigen, Reisen wie Schul- oder Ausbildungsreisen, die der Integration dienen, oder Reisen aus beruflichen Gründen ins grenznahe Ausland im Einzelfall weiterhin bewilligt werden können. Der Bundesrat wird die Ausnahmen auf Verordnungsstufe regeln.
Die restriktivste Regelung für Auslandreisen gilt für Asylsuchende. Sie dürfen während eines Asylverfahrens nur ins Ausland reisen, wenn dies im Rahmen ihres Asyl- und Wegweisungsverfahrens notwendig ist. Auch diese Regelung wird mit der vorliegenden Vorlage gesetzlich explizit verankert.
Mehrheitliche Zustimmung in der Vernehmlassung
Die Vernehmlassung zur Vorlage fand im Herbst 2019 statt, alle Kantone, sieben politische Parteien sowie 35 weitere interessierte Kreise haben Stellung genommen. Die Erleichterungen beim Kantonswechsel für vorläufig Aufgenommene werden mehrheitlich begrüsst. Die gleichzeitig geforderten Änderungen gehen in unterschiedliche Richtungen, so sollen die Voraussetzungen für einen Kantonswechsel einerseits restriktiver ausgestaltet und andererseits gelockert werden.
Bei der Bezeichnung «vorläufige Aufnahme» wurde deutlich, dass viele sich eine bessere Information der Arbeitgeber über die rechtliche Bedeutung des Status wünschen. Der Bundesrat will diesem Anliegen entsprechen, indem beispielsweise Informationen über die Bedingungen für die Arbeitsmarktzulassung direkt auf die Ausländerausweise gedruckt werden.
Die Mehrheit der Kantone und der Parteien begrüsst grundsätzlich auch die vorgeschlagene gesetzliche Regelung von Auslandreisen und erachten diese als sinnvoll. Sie spricht sich aber dafür aus, dass eine aktive Teilnahme an bestimmten Anlässen in einem anderen Staat als dem Heimat- oder Herkunftsstaat weiterhin möglich sein soll. Andere Vernehmlassungsteilnehmer machen geltend, dass die vorgeschlagenen Einschränkungen nicht notwendig seien, da solche Reisen bereits heute nur ausnahmsweise bewilligt würden. Zugleich kritisieren sie, dass die Bewegungsfreiheit sowie das Recht auf Familienleben der betroffenen Personen eingeschränkt würden. Der Bundesrat stellt diese Rechte sicher, indem Reisen ausnahmsweise weiterhin möglich bleiben und jedes einzelne Gesuch sorgfältig geprüft wird.